Grüns Geständnis (2)

„Bloody Hell“, sagte der Polizist.
„Ja“, sagte Nick Grün.
„Was zur gottverdammten Hölle hat das zu bedeuten?“
„Ich habe keine Ahnung“, gestand Nick. „Mir ist es auch gerade erst aufgefallen.“ Auch das war nicht gelogen. (Für alle Neueinsteiger: Was bisher geschah)
Der Bulle taxierte Nicks Gesichtsausdruck. Traurig, ratlos, offen. Wenigstens hatte er inzwischen eine Jeans an. Auch ein zerknittertes Hemd hatte Grün, seiner Schlamperei sei Dank, neben dem Sofa gefunden. Seine Haare waren, so gut es ging, zu einem Scheitel glattgestrichen. Das war das letzte, für das Nick sich Zeit genommen hatte, bevor der Polizist das Wohnzimmer erreichte. Hätte er lieber mal irgendein Bild auf den Kaminsims gestellt. Dabei hatte er es fast geschafft gehabt.

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Grüns Geständnis

Als der Polizist das Wohnzimmer mit dem großen offenen Kamin erreichte, stieg ihm sofort ein markanter Geruch in die Nase. Ein Aroma, das er selbst nur zu oft genossen hatte, das ihm so vertraut war, wie der Geschmack der ersten milden Seeluft nach einem langen, kalten Winter. Zigarrenrauch. Ein Feuer knisterte im Kamin. Der Schriftsteller stand mit einer qualmenden Zigarre in der einen Hand am Kamin, und zerknüllte mit der anderen Papier, bevor es in die immer größer werdende Flamme warf. Hektisch, konzentriert, als ob es gerade die wichtigste Sache auf der Welt wäre. Was verbrannte der sonderbare Deutsche da? Was wollte er vertuschen?

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Der Krimi-Autor und seine erste Leiche

Der alte Schriftsteller hatte den roten Faden verloren. Nick Grün kaufte sich ein Schloss irgendwo im schottischen Nirgendwo. Kalter, glatter See, in dem sich der dunkelblaue Himmel spiegelt, Ruhe, völlige Einsamkeit, viel Zeit zum Stifteverschieben, da musste es doch wieder funken mit der Kreativität. Das war die Idee. Es war eine Rechte-Gehirnhälfte-Entscheidung, so hatte er es seiner Frau erklärt. Die fand die ganze Aktion trotzdem komplett wahnsinnig. Und dann verließ sie ihn.

Seitdem lebte Nick alleine im schottischen Nirgendwo und trank schon morgens Whiskey. Sein grau-schwarzer Bart wurde mit der Zeit immer länger und ungepflegter, genauso seine grau-schwarzen Locken. Die einzigen Menschen, mit denen Nick noch Kontakt hatte, waren seine Haushälterin Eva, die alte Hexe, und Mr. McLoyd, der Besitzer des Tante-Emma-Ladens im nächsten Ort. Aber damit war es jetzt auch vorbei, als McLoyd ihn vor einigen Wochen als „kuriosen Menschen“ bezeichnet hatte. Er hatte den Audruck wohl aus der Lokalzeitung. Dort schrieben sie manchmal über Nick, wenn sie sonst nichts zu schreiben hatten. Über den kuriosen Schlossherren am See. Impertinente Arschlöcher. Seitdem schickte der Schriftsteller seine Haushälterin zum Einkaufen. Mit Menschen war er fertig.

Bis zu diesem Montagmorgen im März, als Nick im Bademantel mit seinem vollen Whiskeyglas auf der Terrasse stand und in seinen See schaute. Der See erwiderte selten seinen Blick. Diesmal schon. Die Frau, die tot im See trieb und mit leeren Augen in Richtung Schlossterrasse starrte, hatte keinen Bademantel an.

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